Netzwerktreffen in der Bayern LB: Wir zusammen schaffen Zukunft

Gestern Abend startete die Veranstaltungsreihe „Wir zusammen schaffen Zukunft“ des Netzwerkes „Wir zusammen“ in Kooperation mit dem Handelsblatt, mit dem Ziel mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und Industrie für das Thema Integration bei deutschen Unternehmern zu erzeugen. Bis Ende November werden weitere Veranstaltungen in neun deutschen Großstädten folgen, um Top-Entscheidern aus Unternehmen ein Forum zum Informations- und Erfahrungsaustausch zu bieten: Es folgen Veranstaltungen in Hamburg, Frankfurt am Main, Essen, Leipzig, Berlin, Bielefeld, Stuttgart, Hannover und Köln.

Wir zusammen schaffen Zukunft

Nach einer knappen Stunde zum Netzwerken eröffnete Projektleiterin und Sprecherin, Marlies Peine, mit einer Kurz-Vorstellung der Initiative „Wir zusammen“. Seit dem Start der Initiative im Februar 2016  wurde schon viel bewegt: Insgesamt 186 Unternehmen engagieren sich aktiv für die Integration von Flüchtlingen. Die neue Veranstaltungsreihe solle helfen, neue Mitglieder zu gewinnen und Unternehmen im persönlichen Dialog zu motivieren, sich mit ihren Projekten dem Netzwerk anzuschließen. Das Ziel sei es bis Ende 2017, auf 300-400 Mitglieder zu wachsen, so Frau Peine. Die Begrüßung seitens des Gastgebers erfolgte durch Herrn Dr. Johannes-Jörg Riegler, Vorstandsvorsitzender der BayernLB.

Langfristige Integration in Deutschland

Im anschließenden Redaktionsgespräch mit der bayrischen Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Emilia Müller und  der Abteilungspräsidentin Integration, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Regina Jordan,
ging es um die politische Rahmenbedingungen, Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen, die die Planungssicherheit bei der Integration in die Betriebe erhöhen sollen. Laut der Ministerin konnten seit der Beginn der Flüchtlingswelle 2015 5.000 Ausbildungsplätze, 25.000 Praktikumsplätze und 35.000 Arbeitsplätze durch die bayrische Wirtschaft besetzt werden.
Weiterhin sehe sie den schnellen Spracherwerb als Schlüssel der Integration an. Bayern wolle auf jeden Fall die Ghettoisierung und die Bildung von Parallelgesellschaften verhindern, so die Ministerin. Auf die Frage nach den laufenden Abschiebungen von in Ausbildung befindlichen Asylbewerbern, konstatierte Sie, dass bis auf wenige Ausnahmen „3 plus 2“-Regelung in der Praxis funktioniere. Diese Aussage quittierte das Publikum mit einem Lacher, bereitet doch nicht wenigen Unternehmen eben diese Regel in der Praxis Probleme.

Die BAMF-Abteilungspräsidentin fasste kurz die statistischen Daten der letzten drei Jahre zusammen: Um den 480.000 (2015) und 750.000 (2016)  Asylanträgen Herr zu werden, musste das BAMF die Mitarbeiterzahl verfünffachen. Seit Januar 2017 haben insgesamt 77.000 Menschen einen Asylantrag gestellt, der innerhalb von 2,5-3 Monaten bearbeitet wird. Nach dem Abbau der Altfälle bis Ende 2017 ginge jetzt es darum, die Menschen mit Bleibeperspektive zu integrieren. Das Aufsetzen von Maßnahmen zur Integration nannte Sie die Hauptaufgabe des Bundesamtes.

Langfristige Integration – Ein Praxisbeispiel

Im Interview mit dem Geschäftsführer des Software Engineering Spezialisten ITQ GmbH, Dr.-Ing. Rainer Stetter, kamen dann die Perspektiven und Herausforderungen für Unternehmen in der Praxis zur Sprache.
Mit dem  zweistufigen ITQ-Integrationsprojekt „Hussein & Friends“ solle nicht nur die Integration der Flüchtlinge vorangetrieben, sondern gleichzeitig auch Unternehmen geholfen werden. Dem Fachkräfte-Mangel vor allem in der IT und technischen Berufen kann so aktiv gegengesteuert werden. Junge Flüchtlinge werden mit dem Robotik-System LEGO Mindstorms technisch qualifiziert und für eine spätere Ausbildung im genannten Bereich begeistert. Insgesamt sieht Herr Dr. Stetter bei der genannten Personengruppe ein höheres Motivationslevel als bei „unserer Jugend“.
Erste Erfahrungen sind sehr positiv. Als problematisch erweist sich aber, die fehlende Planungssicherheit für Unternehmen, die Zeit, persönliches Engagement und Geld einsetzen, um Flüchtlinge auszubilden. Hier die ganz klare Forderung an die Politik und Behörden praktische Lösungen zu entwickeln. Die aktuelle Ausgestaltung des Asylverfahrens ist ein Hemmnis für viele Unternehmen Flüchtlinge in den Arbeitsalltag zu integrieren.

Integrationscheck: „Herausforderungen gemeinsam schultern“

Mit Klaus Beier, dem Geschäftsführer Operativ der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Bayern kam ein begeisterter Integrationsbefürworter zu Wort. Aus seiner Sicht bietet der Arbeitsmarkt den Flüchtlingen eine „gigantische“ Chance: Der Fachkräftemangel wird auch in den nächsten Jahren das bestimmende Thema sein. Schon jetzt verfügen 12,6% der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten über einen ausländischen Pass, Tendenz steigend.
Bayern setzt bei der Integration in den Arbeitsmarkt auf ineinandergreifende Maßnahmen:

Angebote für Junge Leute unter 25 Jahren

  • 2-jährigen Berufsintegrationsklassen: Abgänger 2.800 (2015), 5.500 (2016) ,13.000-15.000 (2017)
  • Berufliches Übergangsjahr (Modell mit Kultusministerium):  über 80% gehen anschliessend in Ausbildung
  • Unterstützung in den Unternehmen: Ausbildungshilfen und assistierte Ausbildung

 

Erwachsene Flüchtlinge (25-35 Jahre)

  • Programm „Wegebau“
  • Qualifizierung für Ältere und gering Qualifizierte
  • berufliche Teilqualifizierung

 

Kompetenzerfassung
IHK Check.Work in 7 Sprachen

Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Der Impulsvortrag von Sarah Pierenkemper, Economist beim Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) machte auf das wichtige Thema Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen aufmerksam. Auf der Webseite finden sich alle relevanten Informationen zum Anerkennungsverfahren, die zwischen 400-600€ plus Übersetzungskosten von ausländischen Zeugnissen kosten.

Dieses Portal  bp-portal.de dient Kammern und Unternehmen als umfassenden online Wissens- und Arbeitsplattform, damit ausländische Aus- und Fortbildungsabschlüsse besser bewertet und einschätzt werden können.

Best Practice Slam: Initiativen. Erfahrungen. Motivation.

Zum Abschluss der Vorträge sprachen Dr. Johannes-Jörg Riegler, Vorsitzender des Vorstands, BayernLB, Volker Theißen (Vorstand Ford Aus- und Weiterbildung) und Robert Kratzer, Social-Bee über Bürokratie vs. Integration: Mittel und Wege regionaler Vorreiter im Rahmen einer Podiumsdiskussion
Wir danken „Wir zusammen“ und dem Gastgeber für den gelungenen Abend voller Praxistipps und Inspiration und für die Verköstigung und Hans-Jürgen Jakobs, Senior Editor des Handelsblatts für die kompetente Moderation.

Stefan Näther (Geschäftsführer) und Claudia Fritsche-Henninger (Leitung Öffentlichkeitsarbeit)